Der israelische Schriftsteller Amos Oz (geb.1939) beschwört in seinem biografischen Roman "Eine Geschichte von Liebe und Finsternis" einen brüderlichen Charakter des Buches an sich. Es ist gar nicht einmal sein eigener Einfall. Der Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels von 1992 aus der kleinen israelischen Stadt Arad in der Negevwüste besinnt sich auf die Mutter. Sie habe ihn in der Kinderzeit auf die Fährnisse des Lebens vorbereiten wollen, indem sie sagte, "dass Menschen dich letztlich fast alle im Stich (lassen), sobald sie keinen Nutzen oder keine Freude oder kein Interesse oder einfach keinen Gefallen mehr an dir (finden), während Bücher dich niemals im Leben im Stich (lassen)". Selbst wenn einige Buchausgaben eine Zeit lang unangerührt im Regal stehen blieben, würden sie doch dem Besitzer niemals den Rücken kehren. "Ganz still und bescheiden würden sie ... warten, sogar jahrzehntelang würden sie warten, ohne zu klagen". So habe die Mutter gesprochen. Es ist die Warnung, dass bisher vertraute Menschen etwa infolge eines auf die Spitze getriebenen Streites, einer Scheidung oder einer Beleidigung einen den Rücken kehren, während ein Buch bleibt, wo es steht. Zwar vergilbt es nach Jahren, und schlimmstenfalls beginnt es zu zerfallen, weil Säurefraß, Schimmelpilze oder jahrelanges Übertragen von Handschweiß auf die Seiten für ein schleichendes Ende sorgen. ...
Bücherstadt Wünsdorf bei Zossen
Aktualisiert: 8. Apr. 2021
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